Die Komplexität des Einfachen Die Komplexität des Einfachen

Der Fotograf Marcus Cederberg über seine beeindruckend minimalistischen Aufnahmen

Der Fotograf Marcus Cederberg über seine beeindruckend minimalistischen Aufnahmen

“Viel sagen mit wenigen Mitteln.” Das ist das Motto von Marcus Cederberg, wenn er in den Straßen Dubais oder Schwedens auf die Suche nach Motiven für seine minimalistischen Fotostrecken geht. Mit gezieltem Auge legt er dabei den Fokus auf das Wesentliche, lässt gezielt Leerstellen und weckt so die Fantasie des Betrachters. Von akkurat aufgetürmten Wolkenkratzern über geordnete Fensterreihen bis hin zu Fußgängerüberwegen aus der Vogelperspektive: Marcus liebt das Spiel mit Lücken und Details, die die fast perfekte Symmetrie seiner Aufnahme gekonnt ins Wanken bringen.

Erfahre mehr über den kreativen Prozess des schwedischen Hobby-Fotografen, dessen visuelles Universum uns so fasziniert wie verzaubert.

Marcus’ fotografische Laufbahn begann eher unerwartet. Als er 2014 sein Instagram-Profil (@marcuscederberg) anlegte, konnte er sich den baldigen Erfolg bei weitem nicht vorstellen: “Ich hatte nicht die Absicht, Künstler zu werden. Aber ich bemerkte schnell, dass meine Fotos gut ankamen, weil mich die Menschen fragten, wo genau man sie kaufen könne. Als Instagram mich dann anderen Nutzern vorschlug, ging alles ganz schnell und ich hatte binnen kurzer Zeit mehrere tausend Follower.” Diese Online-Erfahrung schenkte ihm das Vertrauen in seine Arbeiten. Außerdem erschien er so im Instagram-Feed des renommierten schwedischen Fotografie-Museums @fotografiska und konnte in seiner Heimatstadt Örebro zudem seine erste Ausstellung präsentieren.

Nicht das Offensichtliche, sondern Fragen aufwerfende Leere spielt in Marcus’ Bildern eine tragende Rolle. “Mit jedem Bild versuche ich, die Neugierde des Betrachters zu wecken und eine kleine Geschichte zu erzählen. So viel Negativraum wie möglich zu nutzen, ist dabei eine echte Herausforderung.” In seiner Luftbildaufnahme “Yeti” offenbart Marcus beispielsweise nur die Fußspuren und den Schatten seines Motivs und überlässt uns so die Hypothesenbildung über Identität, Ziel und Ausgangspunkt der angedeuteten Person.

Menschen kommen Marcus generell nicht allzu oft vor die Linse: “In meinem nächsten Leben würde ich gerne Menschen fotografieren. Aber momentan sind sie nur kleine Elemente, die Muster aufbrechen, auf Negativräume treffen und den Betrachter neugierig machen.” Der Fotograf sieht seine Spezialität eher in architektonischen Details wie Mauern, Treppen, Fenstern oder Balkonen.

Architektur hat einen großen Einfluss auf meine Arbeit. Ich liebe ihren minimalistischen Wesenszug.

Auf die Frage, welche seine liebste Architekturbewegung sei, antwortet Marcus: “Ich mag moderne Architektur, ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ich liebe die Arbeit von Santiago Calatrava und Zaha Hadid sowie die Bauhaus-Bewegung, die meinem Fotostil besonders entspricht. Da ich immer auf der Suche nach symmetrischen Mustern, Schatten, Formen oder großflächigen Negativräumen bin, ist Architektur für mich die perfekte Grundlage.”

Seine Fotografien “Tower of Power”, “Walker in the Sky” und “Mexican Roof” spielen mit den vertikalen, horizontalen und diagonalen Linien der Umgebung und wirken beeindruckend symmetrisch. “Diamond” erweist sich als Erweiterung dieses Spiels mit Formen und Wiederholungen. Hier reflektieren die Glasscheiben jedes Detail, wodurch ein spannender Spiegeleffekt entsteht.

Geht es um seinen kreativen Prozess, gehört Marcus nicht zu den großen Planern: “Manchmal plane ich meine Aufnahmen im Voraus, prüfe Schatten und Lichtverhältnisse. Aber meistens stolpere ich zufällig über interessante Orte und fotografiere sie spontan.” Das sind die Momente, die er an seinem Beruf besonders schätzt; “der Moment, in dem ich ein geeignetes Motiv entdecke und das Endergebnis sofort sehen kann”.

Mit diesem Bild wollte ich Emotionen rund um Bewegung und Reisen wecken – von kleinen Tagesausflügen bis hin zu den großen philosophischen Expeditionen des Lebens.

Das Foto “Going Home” verdeutlicht seine Arbeitsweise. Die Person in der Mitte der minimalistischen Brücke animiert die Betrachter des Bildes zu den von Marcus intendierten Gedankenspielen. Wie hoch ist die Brücke? Wohin fährt die Person? Zur Arbeit? Nach Hause? Ist sie allein oder hat sie einen Partner? “Mit diesem Bild wollte ich Emotionen rund um Bewegung und Reisen wecken – von kleinen Tagesausflügen bis hin zu den großen philosophischen Expeditionen des Lebens. Ich habe einige Farben hinzugefügt, um den Himmel dynamischer zu machen und genau das macht das Bild so beliebt. Jeder liebt diese Farbverläufe am Himmel!”

Die positive Resonanz, die er im Feed des schwedischen @fotografiska-Museums für das Bild bekam, gibt ihm Recht: "Ich habe viele Bilder von Menschen erhalten, die es an ihre Wände hängen – auf der ganzen Welt! Und 2017 zählte es zu den beliebtesten meiner Fotos."

Sie wirken einfach, sind aber beeindruckend komplex: Lass dich von Marcus Cederbergs Arbeiten verzaubern und deiner Fantasie freien Lauf.

Text: Caroline Lacaille

Übersetzung: Ina Schulze